Es kann festgestellt werden, dass das Internet weder lokal in den Industrieländern noch global zu Nivellierungen von Ungleichheitsstrukturen dient. Im Gegenteil werden häufig bestehende Ungleichheitsverhältnisse verschärft oder um die Dimension des Zugangs zu Information erweitert. Die Ausweitung des Pools ,besitzbarer' Güter verschärft die sozialen Auswirkungen materieller Ungleichheit, da mehr Güter auf Märkten verteilt werden, anstatt allen in gleicher Form zur Verfügung zu stehen. Desweiteren werden mehr und mehr Privilegien von kultureller und technischer Kompetenz abhängig.
Global ist eine Beschleunigung des Wachstums des Abstandes zwischen Industrieländern und Trikontstaaten sichtbar, sowohl auf den reinen technischen Vorsprung bezogen als auch hinsichtlich der weiter verbesserten Möglichkeiten, Waren und Dienstleistungen aus den Trikontstaaten abzuziehen. Das Internet schafft hier neue und erweiterte Möglichkeiten der weltweiten Arbeitsteilung, nach der Entwicklungsländer nicht nur zu einer möglichen Ressource für einerseits Rohstoffe und andererseits niedrigqualifizierte, billige Arbeit, sondern auch in steigendem Maß für höherqualifizierte Arbeiten und Dienstleistungen werden.
Ungleichheitsstrukturen werden durch das Internet in vielen gesellschaftlichen Ebenen, in Makro- und in Mikrostrukturen beeinflusst. In Bezug auf Eigentum schafft und ermöglicht das Netz ein fortgesetztes Ausdehnen des Prinzips der Eigentumsfähigkeit. Kommunikationen, Hilfe, Öffentlichkeit werden zu handelbaren Gütern. Auf der anderen Seite wächst der Anteil an prinzipiell beliebig verteilbaren Gütern dadurch, dass der Aufwand zur Vervielfältigung sinkt. Eine Folge ist die Dominanz dieser Waren auf dem Markt - was vor allem jene Länder betrifft, die an der Herstellung dieser Güter nicht beteiligt waren. Zu dem Zeitpunkt, an dem sie Zugriff auf die Technologie bekommen, die diese Waren herstellt, nutzt und verbreitet, ist der Markt bereits aufgeteilt, die Abhängigkeitsverhältnisse werden um einen weiteren Faktor vermehrt.
Auf der anderen Seite stehen die Probleme, die sich durch das Verschwinden der für materielle Güter selbstverständlichen, naturgegebenen Knappheit ergeben. Um weiterhin ein funktionierendes Prinzip von handelbarem Besitz gewährleisten zu können, muss diese Knappheit künstlich wiederhergestellt werden. Dies funktioniert nur durch eine verstärkte Kontrolle des Netztraffics und der Benutzer. Direkt physikalisch bestimmte Sachverhalte wie die Unmöglichkeit, den Kuchen zu verschenken und ihn gleichzeitig selber zu essen, fallen weg. Was einmal im Netz steht, ist prinzipiell für alle verfügbar, ohne dass der Anbieter irgendwie ,weniger' besitzt. Wenn die Distribution von Inhalten im Netz gesteuert werden soll, muss diese Steuerung künstlich geschaffen werden, das äquivalent zum verschwundenen Kuchen, wenn man ihn erst selber gegessen hat, fehlt in der Internetwelt des verlustfreien Kopierens. Das Verschenken des Kuchens muss notwendigerweise kontrolliert werden, das gleichzeitige Nichtessen überwacht (und sein unberechtigtes Aufessen ggf. sanktioniert), um gegen die gängigen Eigentumsbegriffe und -regeln nicht zu verstoßen. Ebenso, wie die Distribution unfreier Software kontrolliert und an Geldzahlungen gebunden werden muss, bedarf die Möglichkeit, Daten zu verschenken, einer expliziten Schaffung von Rechtssicherheit bezüglich der Verschenkbarkeit der jeweiligen Daten. Physikalische Grundsätze der stofflichen Welt müssen so im Internet nachkonstruiert werden, die Art und Weise, wie das geschieht, hat Einfluss darauf, welche Arten von Distribution digitaler Güter im Netz überhaupt möglich und legal sein werden.
So bedingt die Durchsetzung und Ausweitung des Eigentumsbegriffs in Bezug auf digitale Daten automatisch die Notwendigkeit einer Kontrolle über die Distributionskanäle und den Gebrauch. Die Auswirkungen und Erscheinungsformen dieser Kontrolle sollen das Thema des folgenden Teils der Arbeit sein.